Im vergangenen Jahr wurde das »Gesetz zur effizienteren Nutzung kirchlicher Gebäude« vorgestellt, das alle Kirchenbezirke der Ev. Kirche der Pfalz darauf verpflichtet, ihrer Gebäudebestände bis 2030 um 30 Prozent sowie ihre Treibhausemissionen bis 2035 um 90 Prozent zu reduzieren. Seit dem 1. Juni 2022 ist dieses Gesetz in Kraft. Dem Prot. Kirchenbezirk Landau wurde derweil ein Aufschub um ein Jahr gewährt. Dieser war notwendig geworden, da in den vergangenen Monaten die Umsetzung des Erprobungsraums »Mehrstellenpfarramt – gemischt-professionelle Teams in der Region« erfolgte.
Das neu gegründete Projektteam nahm am 4. September 2023 im Rahmen einer konstituierenden Sitzung seine Arbeit auf. Mit der Moderation und dem Projektmanagement wurde die REFLECT GmbH beauftragt. Ingo Kallenbach, Geschäftsführer der REFLECT GmbH, betreut den Transformationsprozess in Zusammenarbeit mit seinem Mitarbeiter Matthias Tholen. Am 6. Oktober 2023 wurde sodann die Bezirkssynode über die weiteren Projektschritte informiert.
Kirche aktiv gestalten
Pfarrer Dr. Uwe Laux stellte in seiner Andacht die Bedeutung des gegenwärtigen Transformationsprozesses heraus. „Wir befinden uns an der Kardinalstelle der protestantischen Kirchengeschichte“, so Laux. Dadurch böte sich zugleich erstmals die Gelegenheit, Kirche aktiv mitzugestalten.
Wie »Kirche in neuen Gestalten« aussehen kann, darüber berichtete Pfarrer Dr. Stefan Bauer aus der Matthäusgemeinde im Rahmen einer Kurzpräsentation. Seit 2022 besucht Pfarrer Dr. Bauer gemeinsam mit zwei Ehrenamtlichen die gleichnamige Langzeitfortbildung am Institut für kirchliche Fortbildung. Die Teilnehmenden entwickeln ein lebensweltorientiertes Konzept, das die Gemeinden und Stadtteile dabei unterstützen soll, den notwendig gewordenen Paradigmenwechsel zu vollziehen.
Eine einladende Kirche sein
Ergebnis dieses Paradigmenwechsels soll eine einladende Kirche sein. Im Zentrum der Überlegungen soll künftig nicht mehr primär die Frage stehen, welches Angebot zu welcher Zielgruppe passen könnte oder wie deren Reichweite erhöht werden kann. Vielmehr sollen das Evangelium und die Gelegenheiten der menschlichen Begegnung verstärkt in den Mittelpunkt des kirchlichen Lebens rücken. Dr. Bauer verwies in diesem Kontext auf das »Gleichnis von den anvertrauten Talenten«, welches er als wegweisend erachtet: Man kann auch dort ernten, wo man selbst nicht gesät hat (vgl. Mt 25,26).
Für die Gemeindepraxis bedeute dies, genau hinzusehen, wer sich in der Nachbarschaft womöglich für die Kirche engagieren kann. Zugleich müsse auch die Kirche Antworten auf die Frage finden, was sich Menschen heutzutage von der Kirche erhoffen. Und unter welchen Bedingungen sie bereit sind, sich und ihre Ideen einzubringen.
Seit 2021 wird der Platz vor der Matthäuskirche zum öffentlichen Begegnungs- und Kommunikationsraum umgestaltet. Unter dem Motto »Pflanz dich hin« wurden ein Bücherschrank und Sitzbänke aufgestellt sowie Hochbeete und ein Bibelbeet angelegt. Der Vorplatz soll zum Wohlfühlen und Verweilen einladen. Drei Gemeindeglieder*innen halten sich abwechselnd auf dem Kirchenvorplatz auf und unterhalten sich mit zufällig vorbeikommenden Passanten unter anderem über deren Sicht auf Kirche und Glaube (Aktion »Einfach-da sein«). Darüber hinaus werden in regelmäßigen Abständen besondere Gottesdienstformate, Konzerte oder Lesungen angeboten. Überdies werden die Räumlichkeiten der Matthäusgemeinde u.a. Chor- oder Sportgruppen zur Verfügung gestellt.
In Menschen investieren
Die Ideen und Anregungen aus der Matthäusgemeinde wurden anschließend in fünf Kleingruppen diskutiert. Neben den drei Kooperationsgruppen »Landau-Mitte«, »Storchengemeinden« und »Nordwest« (in den beiden regionalen Untergruppen »Queich« und »Weinstraße«) beteiligten sich auch die Kolleg*innen aus den überregionalen Diensten, die keine eigenen kirchlichen Gebäude zur Verfügung haben, an dem Austausch.
Unter den Diskutanten herrschte derweil ein breiter Konsens, dass Kirche stets die Menschen in den Vordergrund stellen müsse. Als positive Merkmale einer einladenden Kirche wurden insbesondere die Willkommenskultur sowie die Begegnungsmöglichkeiten innerhalb der Matthäusgemeinde identizifiert. So war man sich einig, dass es auch in Zukunft unabdingbar sein werde, auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen einzugehen. Kirche müsse den Menschen Zuversicht geben und sprachfähig sein.
„Gemeinde ereignet sich“, brachte eine Kollegin aus den übergemeindlichen Diensten die gewonnenen Erkenntnisse auf eine einprägsame Formel. Kirche sei ein Lebensbegleiter, für manch einen womöglich auch nur temporär. Entscheidend sei, den Menschen zu vermitteln: „Du wirst gesehen.“ Orte des Sichtbarwerdens seien hierfür essentiell, allerdings nicht zwangsläufig auch die kirchlichen Gebäude selbst.
Bewertung durch Projektgruppe
Die Ergebnisse der Bezirkssynode sollen dem Projektteam »Räume für morgen« dabei helfen, zu eruieren, welche kirchlichen Räume und Gebäude für eine zeitgemäße kirchlichen Arbeit weiterhin erforderlich sind; und auf welche künftig zwecks Verkauf oder Vermietung verzichtet werden kann.